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Dienstag, 22. Mai 2018

Biergarten

22-05-18

Es war ja nicht gerade so, dass wir nur Flausen und Schabernack im Kopf hatten. Unser Hauptaugenmerk galt dem Studium. Das hatte allererste Priorität. Das war ja nicht mit ein paar Stunden in der Woche abgetan. Das Medizinstudium war und ist ein sehr intensives Studium, da war Aufmerksamkeit von morgens bis abends angesagt und das oft an sieben Tagen in der Woche.
Aber, so hart wir arbeiten konnten, so intensiv konnten wir auch feiern. Wobei der Alkoholkonsum bei weitem nicht an erster Stelle stand.

Irgendwann im Sommer war einer der vielen Biergartenbesuche ein Besonderer. Frohen Mutes zogen wir zu sechst hinaus in einen der angesagtesten Biergärten . Ein freier Tisch am frühen Abend war schnell gefunden. Mit dem Beginn der Dämmerung kam eine beherrschte Bedienung vielleicht Mitte Fünfzig mit wogendem Busen an den Tisch. Sie hieß Kathie, das wussten wir schon und für so manchen Fremden stand der Name auf einem Schild, das am Mieder befestigt war.
Sie nahm unsere Bestellung auf.
»Eine Limonad!« »I a!«, »a Wasser!«
Um es kurz zu machen. Es kamen vier Limonaden ein Spezi und ein Mineralwasser zusammen.
Es folgte eine Schrecksekunde vonseiten Kathies, dann der Ausruf: »Ja, seid’s jetzt alle deppert!«, dann stampfte sie davon.
Wenig später schlenderte ein unauffälliger Herr mit Trachtenanzug in unsere Richtung. In sicherer Entfernung blieb er stehen. Es war Alois, einer der Stellvertreter vom stellvertretenden Geschäftsführer und andauernder Maßkrugeinsammler.
Er kannte uns, wir waren ja nicht das erste Mal im Hirschgarten.
Er nahm Witterung auf, identifizierte uns als Stammgäste, kam näher und fing zum granteln an.
»Seid’s ihr heit alle bled?«, fragte er in waschechtem Münchnerisch.
»Warum, habt’s koa Spezi nicht?«
»Koa Spezi nicht« ist eine doppelte Verneinung und nur im bayerischen Dialekt zu finden. Aber das nur nebenbei.
Nachdem die Fronten geklärt waren und wir auf unserer Bestellung bestanden rückte er wieder ab.
Nur Kathie kam nicht mehr. Wir sahen, wie sie sich an all den anderen Tischen um uns herum zu schaffen machte, Bestellungen entgegennahm, eine Maß Bier nach der anderen an die Tische schleppte. Sie ignorierte uns!
»He Kathie, mir ham an Durscht!«, riefen wir ihr zu.
»Alles der Reihe nach, erst kommt’s Bier und dann’s Kracherl!«
»Kracherl« ist ein uralter bayrischer Ausdruck für Limonade. Im Niederbayrischen um Passau herum kennt man eine Limonad auch unter dem Namen »Chabeso«.
Aber auch das nur nebenbei.

An all den Tischen um uns herum wurden die Maßkrüge nachgefüllt. Unsere Kehlen waren trocken und unsere Lippen dürsteten nach einem Bier.
Aber wir blieben hart! Nach exakt siebenundzwanzigeinhalb Minuten stellte Kathie erst mal die vier Mineral auf unserem Tisch ab. Sonst schleppte sie an jeder Hand leicht sechs Maßkrüge. Hier lamentierte sie, das Wasser sei b’sonders schwer!

Diese Geschichte ist schon lange, sogar sehr lange her.
Nach der ersten Runde Mineral und dem anderen Zeugs stiegen wir auf echte Maßen um und sieh da, Kathi kam prompt mit sechs herrlich gefüllten Maßkrügen fast sofort an unseren Tisch.

Ähnliches erlebte ich viele Jahre später mitten in Niederbayern im »Bayrischen Posthorn« und im »Wirtshaus zur Sperrwies« beim Viktor.
Aber das ist eine andere Geschichte, die ich ein andermal erzählen will.

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