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Dienstag, 28. Februar 2017

Ein Traum geht in Erfüllung.

Noch bei Dunkelheit machten wir uns auf den Weg. Die Nacht war sternenklar. Mit 9 Grad Celsius eine ideale Temperatur, und es war fast windstill.
Ohne Taschenlampe querten wir das Hochtal zwischen der Falkenhütte und der Laliderer Wand.
Gespannte Ruhe herrschte zwischen uns dreien. Wie oft gingen wir die einzelnen Passagen durch. Jetzt schlug die Stunde der Wahrheit.
Mit Toni ging ich schon so manche Tour in Fels und Eis. Robert war auch von Anfang an dabei. Wir drei verstanden uns blind.

Über ein steil ansteigendes Geröllfeld gelangten wir zum Einstieg.
Die 800 Meter senkrecht aufsteigende Felswand flößte uns unbandigen Respekt ein. Trotzdem wollten wir sie in zwölf Stunden bezwungen haben.

Bedächtig kletterten wir die ersten Meter. Wir mussten unseren Rhythmus erst finden. Wir wussten, dass wir fitt für diese Tour waren, dass wir mit unserem bergsteigerischen Können allemal diese Wand bezwingen konnten. Trotzdem war die Ehrfurcht da.

Bis jetzt war kein Wort zwischen uns gefallen. Jeder Griff nach oben, jeder Tritt, jede Querung war hundertfach geübt.

Dann sahen wir über den Gipfeln im Osten die Sonne aufsteigen, die uns mit einem überwältigenden Morgenrot begrüßte.
Nun war der Bann gebrochen. Die Freude sprang uns aus dem Gesicht.

Auf geht’s, komm Alter, Du als Erster!«, sagte Robert zu mir. Nach etwa huntert Höhenmetern kam die erste schwierige Querung. Für ein eingespieltes Team kein Hindernis. Meter um Meter arbeiteten wir uns nach oben. Die Sonne war jetzt nicht mehr so gnädig mit uns. Sie brannte erbarmungslos auf uns nieder. Immer wieder mussten wir die Wasserflaschen rausholen, bevor die Kehle ganz trocken wurde.
Ein Überhang zwang uns, ohne Rucksack weiter zu klettern. Mit doppelter Seilsicherung mussten wir all unser Können aufbieten. Dann war er geschafft. Die Rucksäcke wurden hochgezogen und erst mal Brotzeit gemacht.

Vielleicht hatten wir ein Drittel der Wand geschafft. Wir waren jetzt 4 Stunden in der Steilwand unterwegs.

Es ging weiter.
Es gab Passagen, da war der Fels mürbe und morsch, so dass wir die bereits eingetriebenen Eisen alle sehr sorgfältig prüften, bevor wir unsere Karabinerhacken einklinkten. Das kostete Zeit. Auf einem winzigen Felsplateau hielten wir unsere nächste Rast.





Wir durften unsere Aufstiegslinie nicht verlassen. An einer senkrechten Felswand ist das nicht so einfach einzuhalten.


 

Die Falkenhütte unten auf dem Hochplateau war nur noch ein winziges Etwas.

An einem schrägen Felsgrat mit einer charakteristischen Verformung wussten wir, die Hälfte war geschafft.

Das Wetter war weiterhin stabil, die Sonne würde gleich hinter dem Gipfel verschwinden.

Nun ging es zügig voran.
Mittlerweile lag die Laliderer Nordwand im Schatten. Gleich wurde es um ein paar Grad kühler.

Vielleicht noch 5 Seillängen bis zum Gipfel. Dann fiel das Barometer. Im Flachland ist sowas unerheblich. Am Berg kann das verheerende Folgen haben. Wir konnten von der Nordwand aus natürlich nicht über den Bergkamm schauen. Was sich dahinter abspielte, erahnten wir nur. Auf unserer Seite blauer Himmel, auch wenn die Felswand selber im Schatten lag, das Panorama davor hatte Sonne satt.

Aber, das Barometer fiel weiter.
Mit voller Konzentration kletterten wir weiter. Ein Überhang war noch zu meistern.

Noch 3 Seillängen. Über den Herzoggrad im Westen schob sich eine winzige dunkle Wolke. Der Wind frischte auf.
Wir kletterten konzentriert ohne Eile. In solchen Situation macht es keinen Sinn auf Schnelligkeit zu gehen. Die Wolke im Westen wurde größer. Eine Zweite, viel dunklere türmte sich hinter der Ersten auf.

Es wurde kälter. Erste Eiskristalle bliesen über den Grat. Jetzt konnte es ganz schnell ungemütlich werden.

Die letzte Seillänge bewältigten wir im Eisregen. Der Sturm zerrte an unseren Rucksäcken. Unsere Gesichter brannten wie Feuer von den vielen Eiskristallen.

Geschafft. Mit Tränen in den Augen fielen wir uns in die Arme. Die Laliderer Wand war bezwungen.

Vom Westen her tobte ein Eissturm heran. Die ersten Blitze zuckten am Berg. Wir mussten vom Grad weg.
Jede Sturmbö konnte uns in die Tiefe reißen. Tief gebückt, die Hände schützend vor den Augen, liefen wir hinüber zur Biwakschachtel.
Mit einem unbeschreiblichen Gefühl, überschüttet von Glückshormonen lagen wir uns erneut in den Armen. Wir weinten hemmungslos vor Freude, während draußen das Unwetter tobte.





 



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