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Donnerstag, 2. März 2017

Die Bekehrung

Nach der Studentenzeit war meine aktive Zeit in den Bergen vorbei. Gelegentlich mal ein Ausflug, aber so richtiges Bergsteigen war nicht mehr drin.

Mein Vater hingegen war passionierter Bergsteiger und Tourengeher. So nebenbei fuhr er auch noch Rennrad.

Bis zu seinem Tod mit 82 Jahren kam er so gut wie überall in den Alpen herum. Er meisterte mit über 70 so manche hochalpine Herausforderung und kurz vor seinem Tod plante er noch eine mehrtägige Tour in den Schweizer Alpen.

Dabei war er ein Spätberufener in Sachen Alpinismus.
Ich pflanzte ihm während meiner Zeit in München dieses Bergvirus in sein Herz.

Wie es dazu kam, will ich jetzt erzählen.

Irgendwann schwärmte ich meinem alten Herrn mal wieder etwas übers Bergsteigen vor. Sonderlich begeistert über meine Aktivitäten wirkte er nicht. Statt dessen meinte er, ich sollte mich nicht so oft in den Bergen herumtreiben und statt dessen ordentlich studieren.
Ich konnte ihm nicht klarmachen, dass das eine ohne das andere nicht ging. Für mich war beides wichtig und ich behaupte heute noch, dass gerade dieses intensive Bergsteigen genau der Ausgleich zu meinem Medizinstudium war.

Schließlich meinte er, es seien ja bald Semesterferien, dann würde er mit zwei Freunden zu mir nach München kommen. Dann sollte ich mal so eine 4 bis 5 Tagestour planen.

Hocherfreut über den Sinneswandel meines Vaters ging ich ans Werk. Ich suchte Touren aus, die ich schon kannte, damit bloß nichts schiefgehen konnte.

Der Tag rückte näher. Die Herrschaften kamen per Deutscher Bundesbahn am Münchner Hauptbahnhof an. Ich wartete auf dem Bahnsteig.

Ach du Scheiße!
Drei Herren im besten Mannesalter mit geschulterten Rucksäcken kamen mir freudestrahlend entgegen. Gekleidet waren sie in Bundhosen, roten Kniestrümpfen und Haferlschuhen. Über einem rot-weiß karrierten Hemd trugen sie Trachtenjanker. Natürlich fehlte der breitkrempige Filzhut in jägergrün mit Gamsbart nicht. Zu allem Überfluss stocherten sie noch mit funkelnagelneuen Spazierstöcken auf dem Pflaster herum.

Der eine Spezel von Papa hieß Georg. Er war Besitzer einer Landmaschinenwerkstatt und der Zweite, Jakob, Eigentümer eines größeren Transportunternehmens. Geldige Leute, die nicht jeden Pfennig umdrehen mussten.

Strahlend kamen sie auf mich zu.

»So könnt Ihr nicht in die Berge! Das wird kein Spaziergang im Wald! Die Schuhe könnt Ihr gleich vergessen!«

Nachdem sie etwas bedröppelt dreinschauten, meinte Georg.
Dann kaufen wir uns halt die Sachen, die fehlen!«

Mit meinem R4 fuhren wir ein paar Straßen weiter zu Sport Schuster. Die Einkaufsorgie begann.


Erst mal mussten richtige Bergschuhe geordert werden. Der nette Verkäufer rieb sich schon die Hände. Dann kamen die anderen Utensilien dran. Wollsocken, Regenschutz, Windjacke und was weiß ich noch alles.

Georg wollte unbedingt noch Steigeisen haben.
»Für alle Fälle!«, wie er meinte.
Schließlich kauften alle drei solche Dinger.



Schon längt hatte ich meine Beraterfunktion aufgegeben. Staunend stand ich daneben.
»Wir machen eine Bergtour und keine Kletterorgie!«
Mein Einwand wurde überhaupt nicht zur Kenntnis genommen.
Allerdings konnte ich sie davon überzeugen, dass wir wirklich keine Eispickel brauchten.

Nachdem ein jeder ein paar größere Scheinchen hingeblättert hatte, wurde alles in meinem R4 verstaut.

Jakob übernahm die notwendige Tankfüllung, Georg sorgte für Proviant und mein Vater lud uns gleich mal zum Essen ein.

Frisch gestärkt konnte es losgehen!

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