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Dienstag, 28. März 2017

Eier sind so gesund!



Mein Freund Jürgen, den alle nur »Hoss« nannten, war das schwarze Schaf der Familie. Er passte nicht in ihr beschränktes bürgerliches Bild. Hoss war ein Revoluzzer, der so manch eingestaubte Norm über Bord warf und sich einen Dreck um kleingeistige Konventionen scherte.

Seine Familie lebte im Hochwesterwald mit Sichtkontakt zur Fuchskaute, mit 658 Meter die höchste Erhebung.
Sie betrieben eine Geflügelfarm, die jede Menge Hühnereier produzierte.
Sein Vater und sein jüngerer Bruder hatten eine Jagd. Das ist deshalb wichtig, weil ich darüber noch ein spezielles G’schichterl schreiben will.

Ein paarmal war ich in seiner Familie zu Gast. Hoss, der in Marburg einen 850er Fiat mit Schiebedach fuhr, riss sich gleich den 2002er BMW seines Vaters unter den Nagel, damit machten wir eine Spritztour durch die Dörfer.

Als wir Freitagabends in der gemütlich eingerichteten Wohnküche zusammensaßen, teilte sein jüngerer Bruder die Arbeit auf der Hühnerfarm für die kommende Woche ein.

Am Samstag musste der Wochenmarkt in Siegen bestritten werden.
»Das machen wir!«, meldete sich Hoss, der in seiner Familie natürlich nicht »Hoss«, sondern mit seinem« wirklichen Vornamen »Jürgen« gerufen wurde.

Es wurde eine kurze Nacht. Schon gegen 4 Uhr beluden wir den Sprinter mit Stapeln von Eiern. Jede Menge Zeitungspapier wurde eingeladen, dass die Woche über auch von den Nachbarn gesammelt wurde. Damals waren die typischen Eierkartons noch nicht in Mode und mit irgendwas mussten wir die Dinger ja einwickeln.
Um Punkt sieben waren wir verkaufsbereit.




Nun standen wir nicht einfach hinter unserem Eierstand. Wir machten sowas, was man heute »Performance« nennen würde.
Mit allerlei Sprüchen lockten wir die Kunden an, jonglierten mit den Eiern und verzapften so manchen Blödsinn. Das kam an.
Permanent war der Eierstand umlagert.
Wollte einer sechs Eier, schwatzten wir ihm zehn auf.
Zögerliche Marktbesucher ermunterten wir, Eier zu kaufen. Die seien sehr gesund und dank unserer Eier könne die Manneskraft enorm gestärkt werden. Das mit dem vielen Cholesterin war damals noch nicht so bekannt. Nette Damen bezirsten wir mit Komplimenten und lieben Omas legten wir noch ein Ei kostenlos obendrauf.

Wer schon mal auf dem hamburger Fischmarkt war, kann sich vorstellen, was wir abzogen.

Als am frühen Nachmittag der Marktbetrieb nachließ, nahmen wir unsere Eierkörbe und zogen durch die umliegenden Lokale.

Mit leerem Sprinter fuhren wir zurück. Alle, restlos alle Eier waren verkauft!
Jürgens Bruder kriegte sich nicht ein. »Wo habt Ihr die Eier alle gelassen?«
Hoss wäre nicht Hoss gewesen, wenn er nicht einen deftigen Spruch rausgelassen hätte.
»Lass gut sein Bruderherz, wenn man erfolgreich Eier verkaufen will, muss man mehr in der Birne haben, als Hühnerfutter und Eierpreise! Wir können das, Du nicht!«

Peng, das saß!«
Den Abend verbrachten wir in irgendeiner Dorfkneipe bei reichlich Bier und Doornkaat. Als es ans Bezahlen ging, ließ Hoss alles auf seines Vaters Rechnung schreiben.
Am Sonntagmorgen fuhren wir wieder gen Marburg. Hoss hatte von seiner Familie genug!

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